Ressorts
icon-logo

Frei-/Kirchen

ChristusBewegung: Wo der Schwerpunkt der Kirche liegen sollte

11.06.2020

Der Pfarrer Lothar Mößner beim digitalen Christustag. Screenshot: Youtube/Christustag digital
Der Pfarrer Lothar Mößner beim digitalen Christustag. Screenshot: Youtube/Christustag digital

Schwäbisch Gmünd (idea) – Wegen der Corona-Krise hat der Christustag der theologisch konservativen Vereinigungen „ChristusBewegung Lebendige Gemeinde“ in Württemberg und der „ChristusBewegung Baden“ am 11. Juni zum ersten Mal digital stattgefunden. Die Veranstaltungen unter dem Motto „Im Zweifel Jesus“ wurden per Livestream übertragen oder waren zuvor aufgezeichnet worden – unter anderem im Christlichen Gästezentrum „Schönblick“ in Schwäbisch Gmünd. Der Vorsitzende der „ChristusBewegung Baden“, Pfarrer Lothar Mößner (Kleinsteinbach bei Karlsruhe), sagte, dass die Prioritäten in der Kirche immer wieder „verrutschen“. Die ChristusBewegung habe darum bis heute eine wichtige Aufgabe, da sie darauf hinweise, dass der Schwerpunkt immer auf „Bibellesen, Gebet, Christusfrömmigkeit und Nachfolge Jesu“ liegen sollte, betonte Mößner im Gespräch mit dem Pfarrer und Journalisten Steffen Kern (Walddorfhäslach bei Reutlingen), der den digitalen Christustag moderierte. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der „ChristusBewegung Lebendige Gemeinde“ in Württemberg, Pfarrer Friedemann Kuttler (Großbottwar). Ihm zufolge will die ChristusBewegung dazu beitragen, dass Menschen „Jesus kennen lernen“, zu einer „eigenen Herzensfrömmigkeit kommen“, die Bibel wertschätzen, sie als Wort Gottes ernst nehmen und „anfangen, Jesus nachzufolgen“.

Friedemann Kuttler: Zweifel gehören zum Glauben

Mit Bezug auf das Motto des diesjährigen Christustags „Im Zweifel Jesus“ sprach Kuttler darüber, wie er mit eigenen Zweifeln umgehe. Wichtig sei, sie zuzulassen, zu beten und sich mit anderen Christen auszutauschen, die „ein gutes Wort“ für den Zweifelnden hätten oder von ihrem Umgang mit schon durchlebten Zweifeln sprechen könnten. Anhand der Geschichte vom zweifelnden Jünger Thomas (Johannes 20,24) zeigte Kuttler ferner in einer Bibelarbeit, dass Jesus zweifelnden Menschen mit Wertschätzung begegne und sie nicht dafür verurteile. Getreu dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ wolle er, so Kuttler, dafür werben, sich „im Zweifel für Jesus“ zu entscheiden. Zweifel seien nicht schlimm, sie gehörten zum Glauben und stellten auch nicht das Gegenteil des Glaubens dar.

Prof. Volker Gäckle: Wozu Zweifel ein Anlass sein können

Der Rektor der Internationalen Hochschule Liebenzell (IHL), Prof. Volker Gäckle, sagte, dass Zweifel im Glauben ein guter Anlass sein könnten, sich noch intensiver mit der Bibel zu beschäftigen. Er äußerte sich im Gespräch mit der Studienreferendarin Lisa Trumpp (Nagold). Die beiden behandelten das Thema „Zweifel“ anhand der Geschichte von Johannes dem Täufer, der Jesus fragen lässt, ob er der verheißene Messias sei (Matthäus 11,2-6). Johannes habe offensichtlich nach seiner Verhaftung durch Herodes Antipas Zweifel daran bekommen, ob Jesus der Retter sei, so Gäckle. Aufgrund dieser Zweifel habe er direkt von Jesus Antworten haben wollen. Das sei auch heute noch der richtige Weg für Christen. Trumpp sagte, dass Zweifel im Glauben Christen deshalb ganz persönlich träfen, weil ihr Leben sehr eng mit Jesus verbunden sei. Die Reaktion Jesu auf die Fragen Johannes des Täufers zeige aber, dass Christen mit ihren Zweifeln zu ihm kommen dürften.

Udo Zansinger: Regelmäßig Gottesdienste besuchen

Der Studienleiter des Friedrich-Hauß-Studienzentrums in Schriesheim bei Heidelberg, Pfarrer Udo Zansinger, rief dazu auf, regelmäßig Gottesdienste zu besuchen. Damit ließe sich Glaubenszweifeln am besten begegnen. Es sei wichtig, sich nicht nur auf das zu konzentrieren, was man selbst sehe, sondern die Glaubenserfahrungen anderer Christen und der biblischen Personen ernst zu nehmen. Deshalb seien auch die Zeugnisse der „Augenzeugen und Tastzeugen“ des auferstandenen Jesus so wichtig. „Sie bezeugen für uns, dass Jesus lebendig aus dem Grab gekrochen ist. Ich gehöre zu denen, die nicht sehen und trotzdem glauben, weil andere ihn gesehen haben und das bezeugen.“ Wer dem Gottesdienst länger fernbleibe, dem werde fremd, „wovon die anderen reden und singen“. Die innere Distanz wachse. So erhalte der Zweifel Nahrung und der Glaube verkümmere wie eine Pflanze, die zu wenig Wasser bekomme.

Prof. Hans-Joachim Eckstein: Wie kommen wir darauf, immer stark sein zu müssen?

Der Theologieprofessor Hans-Joachim Eckstein (Tübingen) sprach sich dagegen aus, Zweifel nur für „einen Mangel an Überzeugung und Vertrauen“ zu halten. Das möge zwar einem „jungen Glauben“ so erscheinen, doch der „erfahrene Glaube“ lerne „Anfechtungen im Glauben“ nicht nur als eine Form der „Abwesenheit von Glaubenserfahrung“ zu begreifen, sondern diese selbst als eine „konkrete Gestalt der Glaubenserfahrung“ zu verstehen. Schließlich bildeten auch „Übung und Belastung“ nicht den Gegensatz zu „Stärke und Ausdauer“, sondern deren Voraussetzung. „Wenn sogar der Sohn Gottes als Mensch auf dieser Erde müde wurde und Durst hatte, wenn er über die Wirklichkeit des Sterbens und Verlustes, der Verzweiflung und des menschlichen Unglaubens ergrimmte und weinte, wie kommen wir dann darauf, immer stark und fröhlich sein zu müssen und keine Zweifel und Schwächen zeigen zu dürfen?“ Wie für jede echte Liebe gelte daher auch für das Gebet: „Gott will nicht, dass wir zurückgenommen und höflich sind, Gott will, dass wir uneingeschränkt offen und wahrhaftig sind.“

Maike Sachs: Menschen mit ihren Fragen nicht alleine lassen

Die Pfarrerin und Landessynodale Maike Sachs (St. Johann-Gächingen/Schwäbische Alb) sagte, Gemeinden dürften Menschen nicht ausgrenzen, die Fragen stellen. Die Gemeinschaft der Jünger habe schon beim zweifelnden Thomas (Johannes 20,24-29) eine ganz wichtige Rolle gespielt. Dieser habe die anderen Jünger nach Jesus gefragt, weil er dem Auferstandenen zuvor noch nicht begegnet sei. In der Gemeinschaft der Jünger habe er Antworten gefunden. „Wer Fragen hat, darf sich nicht zurückziehen. Wer uns seine Fragen stellt, den dürfen wir nicht ausgrenzen, niemals die Tür zu machen.“ Gerade in solchen Situationen seien Christen füreinander verantwortlich. Dennoch bleibe „die ganz persönliche Begegnung mit dem auferstandenen Jesus“ nötig, um Zweifel zu überwinden. Das habe auch für Thomas gegolten: „Er konnte nicht vom Glauben anderer leben. Ein Jesus vom Hörensagen, das war ihm zu wenig.“ Der nächste Christustag soll am 3. Juni 2021 stattfinden.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

IDEA liefert Ihnen aktuelle Informationen und Meinungen aus der christlichen Welt. Mit einer Spende unterstützen Sie unsere Redakteure und unabhängigen Journalismus. Vielen Dank. 

Jetzt spenden.

4 Wochen IDEA Digital 8,95 Euro 1,00 Euro

Entdecken auch Sie das digitale Abo mit Zugang zu allen Artikeln auf idea.de