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Kommentar

Eine befremdliche Tendenz

17.01.2018

Die Evangelische Kirche im Rheinland engagiert sich nach eigenen Angaben schon 40 Jahre im Dialog. 40 Jahre zurück war noch vieles sehr im Anfang und das Zugehen auf Muslime sehr zögerlich. Inzwischen hat sich ein beträchtlicher Erfahrungsschatz herausgebildet. Umso verwunderlicher ist es da, dass das vorliegende Papier an einem zentralen Thema des Dialogs, sowohl aus christlicher als auch muslimischer Sicht, vorbeigeht: dem Verhältnis von Dialog und Mission. Es gibt zahlreiche landeskirchliche Handreichungen zu Christen und Muslimen, die ohne Ausnahme dieses Spannungsfeld beschreiben.

Die Erklärung setzt einen fatalen Akzent

Die vorliegende Erklärung setzt da einen ganz neuen und fatalen Akzent. Die Mitglieder der Kirche im Rheinland sollen „ihren eigenen Glauben im Dialog erklären und freimütig zur Sprache zu bringen“. Im Dialog gehe es um gegenseitiges „Kennenlernen“, gemeinsames „Handeln“, das „Aushalten von Differenzen“ und eine „vertiefte Wahrnehmung der je eigenen Traditionen“. Kategorisch wird aber erklärt, der Dialog ziele nicht „auf eine Konversion zur jeweils anderen Religion“. Mit dieser Absage an Konversion wird zugleich darauf verzichtet, das Thema Mission anzusprechen. Warum geschieht das?

Brauchen Muslime den Ruf zum Evangelium nicht?

Offensichtlich ist die Synode der Auffassung, Muslime brauchten den Ruf zum Evangelium nicht, sollten nicht konfrontiert werden mit der exklusiven Stellung Jesu im Offenbarungsgeschehen (Apostelgeschichte 4,12), weil das offenbar zu „anstößig“ gewesen wäre. Die „Wertschätzung“ der Muslime für „Jesus als besonderen Propheten“ wird herausgestellt, doch fragt man sich, welche „Gemeinsamkeiten“ daraus für Christen und Muslime erwachsen sollen. Der Jesus im Koran ist ein ganz anderer als im Neuen Testament und Muslime werden nicht müde (auch in zahlreichen „Dialogen“, die ich erlebt habe!) zu betonen, dass Christen seine Rolle in der Offenbarungsgeschichte dadurch verfälscht haben, dass sie in ihrer Bibel von Kreuz, Tod und Auferstehung reden. Gerade diese Bindung an den Gottessohn betont ja auch das Synodendokument, deshalb ist es sehr verwunderlich, warum Jesus als „besonderer Prophet“ im Koran gerade ein Beziehungsglied zwischen Christen und Muslime bilden sollte. Hier finden wir eine der „grundlegenden Differenzen“, von der auch das Dokument spricht, diese aber nicht benennt.

Christen können von ihrem Gott nur als dem dreieinigen Gott reden

Auch muslimische Bindung an den „einen Gott“ begründet nicht mehr als formale Gemeinsamkeiten. Christen können von ihrem Gott nur als dem dreieinigen Gott reden, der sich in Jesus Christus geoffenbart hat. Das bekennt ja – und es wäre schlimm, wenn es anders wäre – auch die Synode.

Was Christen nicht nötig haben

Es gibt im Dialog seit Jahren die befremdliche Tendenz, einen Dialog faktisch erst dann für fruchtbar zu halten, wenn es theologische Annäherungen gebe. Solche haben stattgefunden und finden weiter statt (siehe z.B. die Bemühungen, den Jesus im Koran als für auch Christen annehmbar zu zeichnen), allerdings nicht von muslimischer Seite. Dort dominiert ein deutliches Überlegenheitsbewusstsein: denn die „Religion bei Gott“ ist der Islam (Sure 3,19). Dieser Weg führt in die Irre bzw. zu weiterer Verwässerung des Evangeliums. Dabei haben wir Christen das gar nicht nötig: Wir können mit Muslimen auch bei gravierenden fortbestehenden theologischen Differenzen im säkularen Staat bei garantierter menschenrechtlich begründeter Religionsfreiheit praktisch zusammenarbeiten. Das geschieht ja auch.

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